Mittwoch, 7. November 2012
Ulan Bator - kaelteste Hauptstadt der Welt (5.-8.11.)
Ulan Bator ist eine Stadt mit zwei Gesichtern: sie ist auf der einen Seite modern und westlich orientiert, auf der anderen Seite wird unter enfachsten Bedingungen gelebt. Bestes Beispiel ist unser couchsurfing-Kontakt Chimedtseren: Wir lernten sie als adrette Businessfrau kennen, die uns gleich mit zum Meeting in ein nobles Restaurant nahm (wir kamen uns mit Outdoorklamotten, Riesenrucksaecken und zwei-Tage-im-Zug-Look etwas fehl am Platz vor). Doch als wir uns mit dem Taxi vom Stadtzentrum entfernten, veraenderten sich die Verhaeltnisse schlagartig. Trostlose, heruntergekommene Haeuser und vermuellte, fast unbefahrbare Strassen bestimen hier das Stadtbild. Ausserdem tun sich immer mehr Jurten-Wohnviertel auf (kegefoermige Wohnzelte), die es auch vereinzelt in der Innenstadt zu sehen gibt. Auch wir werden die naechsten Tage in einem Ger wohnen - so wird die Jurte der mongolischen Nomaden genannt.

Schnell mussten wir feststellen, dass unser gewohnter Luxus auf der Strecke bleiben wird. Sitzungen muessen ab nun in einem Plumpsklo etwas abseits des Gers gehalten werden, die naechste Dusche ist 15 min entfernt und nur gegen Bezahlung moeglich. Trotz alledem bietet das ger eine sehr gemuetliche und familiaere Atmosphaere. Der kleine Wohnraum bietet alles was man zum Leben benoetigt: Ueber einen Ofen in der Mitte des Zeltes kann kraeftig eingeheizt und gekocht werden, Matratzen, die tagsueber als Art Sofa fungieren werden abends zum Schlafen ausgelegt. Somit ist alles sehr funktional eingerichtet. Kuehlschrank, Waschmaschine, Computer und der traditionelle Hausaltar finden auch noch Platz.

Gleich am ersten Abend wurden wir von Chimidees Bruder Tujee bekocht. Beim Zubereiten eines riesiegen Fleischbergs fragte Lisa neugierig um welche Fleischsorte es sich handelt. Tujee antwortete grinsend: "It's horsemeat. Babyhorse." Im ersten Moment geschockt assen wir spaeter vom Fohlen-Nudel-Eintopf. Auch ungewoehnlich waren der gesalzene Tee, steinharter saeuerlich schmeckender Ziegenkaese und Airag (vergorene, suess-saure Stutenmilch mit leichtem Alkoholgehalt).

Am naechsten Tag besuchten wir das Gandan-Kloster. Wir schlichen uns als einzigste Touristen in eine buddhistische Gebetsstunde mit etwa 50 Moenchen in allen Altersklassen. Monotone Gesaenge und Raeucherwerk erzeugten eine meditative Stimmung, die uns ganz schoen einlullte.
Bei unserer Heimkehr standen wir vor einem grossen Problem: Das Tor zum Grundstueck war verschlossen. Als Chimedee am Morgen meinte wir muessten ueber die Mauer klettern, dachten wir, das sei nur ein Joke. Doch jetzt in der Kaelte und im Dunkeln fanden wir das Ganze nicht mehr so lustig. Um die ueber 2m hohe Mauer zu ueberwinden suchten wir nach einer geeigneten Stelle. Wir kamen uns wie Einbrecher vor, da jedes Ger voll barrikadiert ist und sich jeder aus Sicherheitsgruenden einen Wachhund haelt. Die Leute auf der Strasse waeren auf jeden Fall misstrauisch geworden, wenn sie uns beim Mauererklimmen erwischt haetten. Letztendlich gelang es uns doch unbemerkt ueber die Mauer zu krackseln. Wachhund Bobby (der zum Glueck angeleint ist) bellte was das Zeug hielt. Wir waren sehr erleichtert, da Chimedee diese Nacht erst sehr spaet heimkommen sollte. Erst im Nachhinein stellte sich heraus, dass wir nur kraeftig genug am Tor haetten ziehen muessen um aufs Grundstueck zu gelangen.

Eine weitere Erfahrung war es am naechsten Abend alleine das Ger zu beheizen. Versehentlich hackten wir das falsche Holz (noch nicht trocken genug), was es uns erschwerte ein Feuer zu entzuenden. Beim vierten Versuch klappte es schliesslich und unsere Sorge, die halbe Nacht bei -10 Grad verbringen zu muessen, war beseitigt. Chimedee kam frueher als erwartet nach Hause und freute sich ueber ein warmes Heim.

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Zugfahrt: Irkutsk - Ulan Bator (3.-5.11.)
Im Zug in die Mongolei verwandelte sich das bewaldete Sibirien rund um den Baikalsee in kahle, teils bergige Steppenlandschaft.

Zum ersten Mal trafen wir auf Transsib-Touristen - ein paar nette Australier. Unser erster Eindruck von der mongolischen Bevoelkerung hingegen war etwas beaengstigend. Schon allein die Verehrung des ehemals grossen Kriegers Chinggis Khaan und die Sprache, welche mit ihren vielen Zischlauten scharf und bedrohlich klingt, verleiht dem Nomadenvolk (was sich hauptsaechlich von Fleisch ernaehrt) einen blutruenstigen Charakter. Als im Nebenzimmer ein lautes Wortgefecht in einen real Bitch-Fight mit vollem Koerpereeinsatz umschlug, nahmen wir uns vor es niemals mit einer mongolischen big Mama aufzunehmen. Die skruppelosen Mongolinnen im Zug blieben jedoch die Ausnahme.

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Irkutsk und Baikalsee (31.10.-3.11.)
Am Tag unserer Ankunft in Irkutsk hatte Marina Geburtstag. Provisorisch gab es im Zug einen Geburtstagsmuffin mit Papierkerze. Das wohl schoenste Geschenk war das schoene Wetter was uns in Irkutsk erwartete. Wir zogen los und bekamen erste Eindruecke einer sehr interessanten Stadt. Uralte traditionelle Holzhaeuser wechseln sich ab mit modernen Gebaeuden und Hochhaeusern. Daher kommt kein typisches Grossstadtflair auf - ganz im Gegenteil: in manchen Strasse fuehlt man sich zurueckversetzt ins 18. Jahrhundert. Ausserdem gibt es eine tolle Flusspromenade und wie in jeder groesseren russischen Stadt jede Menge schoene Kirchen.

Am Abend lernten wir unsere couchsurfing-Familie kennen, die uns sehr herzlich empfing. Wir fuehlten uns sofort wie zu Hause. Marina bekam einen riesigen Halloween-Kuerbis zum Geburtstag (31. Oktober) den wir wohl leider hier lassen muessen. Dasha ist als Tourguide viel beschaeftigt aber ihre Mutter Tanja kuemmerte sich liebevoll um uns und bekochte uns mit leckeren Speissen.

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Typisch russisches Essen ist...
- Piroggen, entweder mit Kraut- oder Fleisch-Reis-Fuellung
- Blini (Pfannkuchen) mit selbem Inhalt oder wahlweise suess mit Kruemelquark
- Buchweizen
- Reis-Karotte-Zwiebel-Huehnchen-Eintopf
- Borsch (Suppe mit Rote Beete, Kraut, Kartoffeln und Fleisch)
- ravioliartige Nudeln (auch mit obiger Fuellung)
- das russische Universalprodukt aus eingedickter Dosenmilch mit viel Zucker (auch mit Kakao-/Kaffee-/Karamellgeschmack), kann entweder zu Brot/Brei gegessen oder mit heissem Wasser aufgegossen (je nach Sorte) in Kakao/Kaffee oder einfach nur in suesse Milch umgewandelt werden

speziell in Sibirien:
- Zirbelkiefern-Nuesse die mit einer schwer erlernbaren Aufbeisstechnik geknackt werden muessen -> siberian secret ; )
- Harzkaugummi, der zwar gut fuer die Zaehne, vom Geschmack her aber etwas gewoehnungsbeduerftig ist (erinnert an Wachs)
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Die letzten Tage in Irkutsk bekamen wir die sibirische Kaelte zu spueren. Kaum vorstellbar das Menschen hier bei - 40 Grad ueberleben, wo wir uns schon bei 10 Grad minus zu Eiszapfen verwandeln.
Museen (sowieso nur russischsprachig), Restaurants, Bars/Clubs etc. waren uns zu teuer weshalb wir beim Stadtbummel oefters ziellos in Kaufhausgaengen rumgurkten um uns aufzuwaermen.

Am letzten Tag machten wir einen Ausflug nach Listwjanka am Baikalsee. Vor der einstuendigen Busfahrt hatten wir etwas Bammel, da es im sibirischen Strassenverkehr sehr rasant zugeht. Die sibirischen Autofahrer haben auch bei winterlichen Verhaeltnissen keine Scheu kraeftig aufs Gaspedal zu treten. Jede Nacht mussten wir lautes Motorengeheule und Reifengequitsche ertragen, da sich verrueckte Russen mitten in der Innenstadt Autorennen lieferten und waghalsig um die Kurve drifteten. Umso bemerkenswerter ist es, dass wir bei unserem 4-taegigen Aufenthalt nur einen Autounfall entdeckten. Jedenfalls war die Fahrt am Ende halb so wild (abgesehen von einigen Ueberholmanoevern bei Glatteis) und wir kamen lebendig in Listwjanka an.

Der Baikalsee ist der tiefste und wasserreichste See der Erde. Die wunderschoene Kuestenlandschaft und das einmalige Panorama beeindruckte uns sehr, Bei sonnigem Wetter hatten wir beste Sichtverhaeltnisse auf die umliegenden Berge. Listwjanka ist in der Hauptsaison ein sehr tourisischer Ort. Trotzdem behaelt er seinen eigenen Charme weil fast jeder Haushalt seinen eigenen Fischstand vor der Hausuere hat. So konnten wir nicht widerstehen einen Raeucherfisch zu probieren. Wir machten ein Picknick am See, zogen aber schon bald weiter, da uns bei den Minusgraden die Finger einfroren.

Zurueck in Irkutsk machten wir uns an Packen und Verabschieden, denn am Abend ging es weiter mit der Transmongolischen.

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